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Style Appreciation: Marlene Dietrich (Artikel)

Androgyn im Hosenanzug und Zigarette rauchend stellte Marlene Dietrich die gesellschaftlichen Geschlechterbilder ihrer Generation infrage - schon Jahrzehnte vor Yves Saint Laurents famosen Le Smoking. Als eine der ersten offen bisexuell lebenden Hollywood-Persönlichkeiten verzauberte die deutsche Schauspielerin seit den 1930er Jahren weltweit Männer wie Frauen. Zu ihren vielen, prominenten Liebhaber*innen zählten Mercedes de Acosta, Frank Sinatra und JFK. Zum 30. Todestag der Hollywood-Ikone blicken wir zurück auf die wandelbare Berlinerin und ihren enormen Einfluss auf die Mode.

Von früh auf wusste Marlene, geboren als Marie Magdalene Dietrich, gekonnt zu ihrem Nutzen zu provozieren. Als Kabaretttänzerin im Berlin der 1920er-Jahre war sie dem Publikum bekannt als diejenige, die gerne einmal ihre Unterwäsche vergaß. So baute sie sich schnell einen treuen Kreis aus immer wiederkehrenden Zuschauer*innen auf. Darunter auch der amerikanische Regisseur Josef von Sternberg. Ergriffen von Marlenes Starpotenzial bat er ihr die weibliche Hauptrolle in seinem nächsten Film „Der blaue Engel“ an. Was daraufhin folgte, ist Geschichte. Dietrich zog in die Vereinigten Staaten und gab 1930 ihr Tonfilmdebüt vor den Augen eines internationalen Publikums. In „Morocco“, einer weiteren Kollaboration mit Josef von Sternberg, schrieb die Anzug- und Zylindertragende Marlene noch im selben Jahr Filmgeschichte. Mit dem ersten lesbischen Kuss auf der Leinwand löste sie einen Skandal aus und gewann gleichzeitig die Anerkennung ihrer internationalen Zuschauer*innen. Zusammen mit dem amerikanischen Star-Regisseur produzierte Dietrich sieben Filme, bis die beiden im Jahre 1935 schließlich getrennten Wege gingen. Doch zu diesem Zeitpunkt war Marlene Dietrich bereits einer der größten Hollywoodstars ihrer Zeit und die bestbezahlteste Schauspielerin.

Trotz ihrer Vorliebe zum maskulinen Erscheinungsbild legte sich Marlene Dietrich nie auf einen Stil fest. Ebenso gerne trug sie elegante Roben, getreu des damaligen Old-Hollywood-Glamours. Am Set von Alfred Hitchcocks „Stage Fright“ bestand sie ausschließlich auf Kleidung des französischen Designers Christian Dior. Man munkelt, dass sie mit den Worten „No Dior, No Dietrich!“ sogar damit drohte, die Rolle abzulehnen. Mit Erfolg, denn neben Dietrichs Talent, jegliche Rolle zu ihrer eigenen zu machen, besaß sie zudem ein bestechendes Durchsetzungsvermögen. Die atemberaubenden Ensembles in „The Devil is a Women“, ihrem letzten Film mit von Sternberg, gelten noch heute als Fashion-vorwärts. Ein Blick zurück auf damalige Kostümtests offenbart das Geheimnis. Die Kleidung ist magisch, doch ihr Kultstatus wäre unvorstellbar ohne Dietrich, die ihren Gewändern stets diese gekonnte Note Drama verleiht.

https://www.youtube.com/watch?v=EqBnVUEXCMM

Als eine der frühsten Rebellinnen gegen Geschlechterrollen ist Marlene Dietrichs Einfluss auf unsere heutige Mode noch immer enorm. Ihre avantgardistische Art, Männeranzüge mit verführerischem weiblichen Charme zu kombinieren, war vielen Frauen ein Vorbild. Nicht ohne Grund trägt die noch immer moderne Marlene-Hose ihren Namen. Heute muten sich tief verankerte Geschlechterrollen nun endlich etwas zu lockern. Eine Schauspielerin im Anzug mag uns dementsprechend schon lange nicht mehr als großer Skandal daherkommen. Doch wer weiß schon, wie ein Leben, insbesondere als Frau, ohne den Einfluss einer gewissen Marlene Dietrich ausgesehen hätte? Eines ist jedenfalls sicher. Ihr haben wir es zu verdanken, dass souveränen Frauen eine Bühne geboten wird und ein modischer Stil geprägt wurde, der noch heute Bestand hat.